Kyoto - Kulturhauptstadt Japans

11Juli2018

Nach langer Zugfahrt kamen wir abends pünktlich in Kyoto an. Im Nieselregen machten wir uns auf zu unserem Guesthouse, welches für die kommenden 5 Nächte unser vorübergehendes zu Hause wurde. Doch dies war mit Ausnahme eines kleinen Schauers der letzte Regen, den wir in Japan erleben würden. Dies ist nicht nur ein Glücksfall für uns und unsere Reise, sondern auch für die durch die starken Regenfälle schwer gebeutelten Regionen West-Japans. Wir erfuhren erst in Kyoto über die Ausmaße der Naturkatastrophe, die sich in den vorherigen Tagen ereignet hatte. Überschwemmungen und Erdrutsche hinterließen nicht nur zerstörte Häuser, Straßen und Brücken, sondern forderten leider auch über 200 Todesopfer. Erleichtert stellten wir fest, dass wir mit 2 Regentagen und Zugausfällen selbst Glück im Unglück hatten.

Kyoto merkte man nichts von den Ereignissen der letzten Tage an. So wachten wir am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein auf und entschlossen uns, die Stadt und ihre zahlreichen Tempel und Gärten zu erkunden.

Kyoto - Tokyo - Kyo to kyo to kyo to - merkt ihr was? Ursprünglich war Kyoto für sehr lange Zeit Hauptstadt. 'Hauptstadt im Osten' heißt Kyoto übersetzt. Als dann Tokyo zur Hauptstadt wurde (welches davor im Übrigen 'Edo' hieß) musste (warum auch immer?) die Stadt umbenannt werden. Da Tokyo nun die noch östllichere Hauptstadt war, aber der Name 'Kyoto' bereits vergeben, hat man das ganze kurzerhand umgedreht und die Stadt 'östliche Hauptstadt' genannt, also Tokyo.
Da Kyoto, anders als Tokyo, im Krieg größtenteils verschont blieb, gibt es auch heute noch zahlreiche alte Tempelanlagen, Gärten und kleine Gässchen mit alten Holzhäusern aus früheren Zeiten. Insgesamt ist die Stadt sehr pittoresk und charmant und es gibt unendlich viel zu sehen.

Die Highlights unserer dreitägigen Besichtigungstour waren der silberne und goldene Pavillon (Ginkaku-ji und Kinkaku-ji) mit ihren wunderschönen Gartenanlagen, die großen buddhistischen Tempelanlagen Chion-in und Kiyomizu-dera (mit tollem Blick über die gesamte Stadt), der Shinto-Schrein Fushimi Inari Taisha, mit seiner schier endlosen Aufeinanderreihung von roten Torbögen, sowie dem wunderschönen Bambuswald im Westen Kyotos.

Im Übrigen möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass die Japaner anscheinend oft keinen so richtigen Unterschied machen zwischen Schrein (aus der Schinto-Religion) und einem Tempel (aus dem Buddhismus). Eigentlich sind diese Torbögen, die man auch auf einigen unserer Fotos sieht ein Hinweis für einen Schinto-Schrein. Jedoch haben wir uns mehrfach gewundert, dass es in Anlagen mit diesen Torbögen z.B. auch Buddhastatuen zu sehen gibt, so wie für die Schinto Religion typische Waschgelegenheiten vor den Anlagen oder Kästchen für Opferrituale. In unserem Reiseführer wurde berichtet, dass die Japaner sich auch gerne das aus der jeweiligen Religion aussuchen, was sie grade schön finden und mitunter auch angeben, dass sie verschiedenen Religionen angehören. Bestes Beispiel war vielleicht direkt unser Guide bei der 'free walking tour' in Tokio. Er meinte, er wäre Christ, machte dann in einem der Schreine, die wir besichtigten aber entsprechende Rituale und Opfergaben. Vielleicht sind die Japaner aber auch einfach nur das beste Beispiel dafür, wie man mit unterschiedlichen Religionen friedlich miteinander leben kann - oder, dass man das alles nicht so ernst nehmen darf 😉

Den vierten Tag nutzten wir für einen Tagesausflug nach Nara, das ca. 1 Stunde mit der Stadtbahn südlich von Kyoto gelegen ist. Neben dem großen sitzenden Buddha, welcher sich wiederum im größten Holzgebäude der Welt befindet, sind die zahlreichen wildlebenden, aber zahmen Rehe, die in der ganzen Stadt frei rumlaufen, die Hauptattraktion Naras. Die Tiere haben sich inzwischen so sehr an die Menschen gewöhnt, dass sie sich ohne Scheu streicheln und fotografieren lassen. Allerdings muss man auch auf der Hut sein, denn die Tiere schleichen sich gerne von hinten an einen heran, immer auf der Suche nach einem leckeren Snack. Da machen sie auch keinen Halt vor Stofftieren, Straßenkarten oder Plastiktüten, die mit Sicherheit keine ausgewogene Mahlzeit für die Tiere darstellen...


Kyoto kann man wahrlich als die Kulturhauptstadt Japans bezeichnen. Man hätte sicherlich noch eine ganze Woche hier verbringen und jeden Tag neue Tempel und Gärten besichtigen können, ganz zu schweigen von dem mal wieder fantastisch leckeren Essen. Alles in Allem hat es uns hier jedenfalls sehr gut gefallen.